Vorgehen zur Identifikation von Auswirkungen, Risiken und Chancen des Klimawandels
Risikomanagementsystem (TCFD Risk Management)
Swissgrid identifiziert und beurteilt Klimabelange im Rahmen ihres ERM-Systems sowie der doppelten Wesentlichkeitsanalyse. Die Ergebnisse werden in konsolidierter Form dem FPA sowie dem Verwaltungsrat zur Besprechung und Genehmigung unterbreitet.
Prozess für die Identifizierung und Beurteilung von klimabedingten Risiken im ERM-System: Als Teil des ERM-Prozesses werden klimabedingte Risiken aus der Perspektive des Unternehmens identifiziert und bewertet. Identifizierte klimabedingte Risiken werden einem «Risk-Owner» zugeordnet, der für die detaillierte Analyse des Risikos verantwortlich ist. Dies umfasst die Beschreibung der Ursachen und Konsequenzen, die Beurteilung des Einflusses auf die Unternehmensziele (z. B. Einfluss von klimabedingten Naturgefahren auf die Versorgungssicherheit), die Zuordnung des Risikos in eine der neun ERM-Kategorien (siehe «Nachhaltigkeit bei Swissgrid») sowie die Bewertung des Risikos hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmass. Die Beurteilung wird auf der Basis eines oder mehrerer Risikoszenarien entlang von standardisierten 7-Punkte Bewertungsskalen durchgeführt. Insgesamt dient die Risikobewertung der Priorisierung von Risiken auf der Basis ihrer finanziellen, strategischen oder operativen Wesentlichkeit. Für klimabedingte Risiken stehen vornehmlich die operativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Übertragungsnetzes im Vordergrund.
Weiter bildet die Risikobeurteilung die Grundlage für die Festlegung der Risikostrategie im Einklang mit dem Risikoappetit des Unternehmens. Als Teil des ERM-Prozesses werden die Strategie und die damit verbundenen Massnahmen zur Risikobewältigung vom Risk-Owner festgelegt, einem «Massnahmen-Owner» zugeteilt und umfassen, je nach Beurteilung des Risikos, das Akzeptieren des Risikos oder Massnahmen zur Minderung, Überwälzung oder Vermeidung. Der Massnahmen-Owner unterstützt den Risk-Owner bei der Umsetzung der Risikostrategie, die bereichsübergreifend als Teil des ERM-Prozesses überprüft und gesteuert wird.
Die Abbildung «Aggregierte klimabedingte Risiken gemäss ERM-Prozess» zeigt die Einordnung von physischen Klimarisiken und Transitionsrisiken, die als Teil des unternehmensweiten ERM-Prozesses im Geschäftsjahr 2024 identifiziert und beurteilt wurden. Dabei wird das jeweils am höchsten bewertete Risiko dargestellt: Für physische Klimarisiken sind das die «Schäden an der Netzinfrastruktur aufgrund von Ereignissen durch Naturgefahren», die aufgrund ihres beträchtlichen Schadensausmasses und ihrer möglichen Eintrittswahrscheinlichkeit als «hohes» Unternehmensrisiko geführt werden. Für Transitionsrisiken ist es die im ERM-erfasste «Gefährdung des Systembetriebs zwischen Prognose und Echtzeit», die ebenfalls als «hohes» Unternehmensrisiko eingestuft ist. Damit befinden sich beide klimabedingten Risiken im taktischen Risikotoleranzbereich und werden mittels geeigneter Massnahmen gemindert (siehe dazu die Tabelle «Übersicht Klimarisiken» und die Tabelle «Übersicht Transitionsrisiken).

Klimabedingte Auswirkungen und Risiken gemäss der Wesentlichkeitsanalyse: Neben den klimabedingten Risiken aus der Perspektive von Swissgrid werden die klimabedingten Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Rahmen der doppelten Wesentlichkeit identifiziert und beurteilt. Dazu berücksichtigt Swissgrid die Auswirkungen entlang ihrer Wirkungskette, die namentlich die direkten und indirekten THG-Emissionen (Scope-1 bis 3) des Unternehmens umfassen wie auch die sozio-ökonomischen Auswirkungen von Stromunterbrüchen, die durch wetter- und klimabedingte Naturgefahren verursacht werden können. Swissgrid beurteilt die Wesentlichkeit von Klimabelangen nach folgendem Vorgehen:
- Identifizierung und Klassifizierung klimabedingter Risiken (positive oder negative, potenziell oder tatsächlich).
- Einordnung der Fristigkeit von klimabedingten Auswirkungen.
- Festlegen von Risikoszenarien.
- Beurteilung der Auswirkungen (Inside-Out) nach ihrem Ausmass, dem Umfang, der Unabänderlichkeit sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit auf der Basis einer 5-Punkte Skala. Zur Beurteilung des Ausmasses der Auswirkungen stützt sich Swissgrid auf die RCP-Szenarien (RCP2.6, 4.5, 6.0 und 8.5) des Weltklimarates zur Einordnung des Risikos von klima- und wetterbedingten Stromunterbrüchen. Ob die globale Erderwärmung über oder unter 2ᵒC bleibt, spielt eine entscheidende Rolle für die Beurteilung des Risikos von Infrastrukturschäden aufgrund von klimabedingten Naturgefahren. Als Teil der Wesentlichkeitsanalyse hat Swissgrid das RCP-Szenario 4.5, d. h. eine globale Temperaturerwärmung über 2ᵒC, als Hauptszenario zur Bestimmung der externen Auswirkungen benutzt.
- Beurteilung der Wesentlichkeit von Klimarisiken auf Swissgrid (Outside-In) auf der Basis des höchsten klimabedingten ERM-Risikos.
- Beurteilung der klimabedingten Chancen für Swissgrid (Outside-In) gemäss Chancen-Szenarien und der ERM-Methodologie.
Anlagespezifische Risikobeurteilung: Im Geschäftsjahr 2024 hat Swissgrid als Teil ihres Asset Performance Managements eine anlagespezifische Risikobeurteilung aller ihrer Trassees durchgeführt. Dazu hat das Unternehmen einen sogenannten Risk Criticality Index (RCI) für rund 12 000 Strommasten berechnet unter Einbezug von drei Aspekten:
- Kritikalität des Trassees, beeinflusst durch die Relevanz der auf dem Trassee verlaufenden Leitungen.
- Vom Masten ausgehendes Gefährdungspotenzial, in Bezug auf Personen, Infrastruktur, Transportwege sowie Standort.
- Auf den Masten einwirkendes Gefährdungspotenzial in Bezug auf klima- und wetterbedingte Risiken.
Die Gefährdungsbeurteilung von klima- und wetterbedingten Risiken berücksichtigen Eislast, Lawinen, Permafrost, Felssturz, Rutschungen, Hochwasser und Windexposition. Als Grundlage für die Berechnung der klimabedingten Risiken werden nationale und kantonale Gefahrenkarten und/ oder Modellierungen von eidgenössischen Forschungsinstituten hinzugezogen, die eine risikospezifische Gefahrenbewertung beinhalten (z. B. Häufigkeit, Gefahrenstufen, Belastungen, Exposition, usw.) und pro Masten berechnet werden.
Identifizierte klimabedingte Risiken und Chancen (TCFD Strategy)
Auf der Basis des beschriebenen Risikomanagementsystems hat Swissgrid verschiedene physische Klimarisiken und Transitionsrisiken identifiziert und entsprechende Massnahmen festgelegt. Der betrachtete Zeithorizont der Risiken beinhaltet kurzfristige Risiken und Chancen, deren Auswirkungen sich innerhalb eines Jahres materialisieren, mittelfristige Risiken innerhalb eines Zeithorizontes von 2027 bis 2030 und langfristige Risiken bis 2040.
Physische Klimarisiken: Das Übertragungsnetz ist bereits heute von einer Vielzahl physischer Klimarisiken betroffen. Dazu zählen die Zunahme extremer Wetterereignisse, das Auftauen des Permafrostes und die vermehrten Felsstürze und Rutschungen, welche die statischen Anforderungen und baulichen Schutzmassnahmen zur Gewährleistung der Infrastruktur-Resilienz von Swissgrid massgeblich beeinflussen. Nachfolgende Tabelle zeigt eine Übersicht der physischen Klimarisiken sowie ihre operativen und finanziellen Auswirkungen auf Swissgrid.
Aufgrund des regulierten Geschäftsmodells von Swissgrid haben die Kosten notwendiger klimabedingter Anpassungsmassnahmen zur Sicherstellung des resilienten Netzbetriebs keinen wesentlichen Einfluss auf den Betriebsgewinn von Swissgrid. Die potenziellen und tatsächlichen finanziellen Auswirkungen der klimabedingten Risiken und Chancen hat das Unternehmen zwar qualitativ identifiziert und als Teil des regulären Budgetprozesses integriert, jedoch nicht separat von anderen Betriebs- und Kapitalkosten monetär quantifiziert. Entsprechend ist die Datengrundlage noch nicht vorhanden, um eine umfassende und solide Einschätzung der finanziellen Auswirkungen des Klimawandels auf Swissgrid vorzunehmen.